► Familientrennung durch Abschiebung

Empowerment Blog

Familientrennung durch Abschiebung.

Ein Produkt von Othering?!

In der letzten Zeit häufen sich in meiner Wahrnehmung die Ereignisse von unmenschlichen Abschiebungen. Eine Abschiebung an sich – auch wenn sie rechtlich verankert ist – bleibt ein fragwürdiger Akt, der meines Erachtens uns als Gesellschaft unwürdig ist. Doch hier geht es nicht um die Frage der Abschiebung insgesamt, sondern um eine besondere Form der Abschiebung, die weder Menschenwürde noch Menschenrechte achtet. Es geht um Abschiebungen, die Familien trennen und/oder gut integrierte Menschen ins Ungewisse schicken. Es geht um Abschiebungen, die jegliche Schutzrechte von Kindern und Familien missachten.


Von einer solchen Abschiebung berichtete der SWR am 18.11.2022, wobei hier eine angehende Erzieherin mitten in ihrer Ausbildung abgeschoben wurde.


An Kitas in Baden-Württemberg herrscht Fachkräftemangel. Dennoch hat das Regierungspräsidium Karlsruhe eine Erzieherin in Ausbildung abgeschoben. Die Entscheidung stößt auf Unverständnis“ (vgl. Asylantrag: Baden-Württemberg schiebt Erzieherin in Ausbildung ab - SWR Aktuell)


Während im sozialen Bereich enormer Fachkräftemangel herrscht, wird eine angehende Erzieherin abgeschoben, weil sie den Antrag auf Ausbildungsduldung, welche im Falle eine Bewilligung zum Abschiebeschutz führt, nicht rechtzeitig gestellt habe. Die abgeschobene Person teilt telefonisch mit: „Ich habe mich gefühlt, wie eine Kriminelle und das war das schlimmste Gefühl, das ich jemals gespürt hatte. Ich habe versucht, nicht zusammenzubrechen und als ich schon im Auto saß, da konnte ich nur noch weinen“ (vgl. ebd).


Am 05. Dezember 2022 berichtet die BNN von einer Abschiebung eines Familienvaters, dessen Partnerin und die beiden kleinen Kinder in Bühl allein gelassen werden. Diese haben laut der BNN einen Aufenthaltstitel. „Eine Frau aus Nigeria durchlebt in Bühl gerade düstere Tage. Der Vater ihrer beiden kleinen Kinder ist nach Nigeria abgeschoben worden“ (vgl. Nach Abschiebung ihres Mannes: Nigerianische Mutter ist ausweglos allein (bnn.de))


Der Flüchtlingsrat BW berichtet am 05. Dezember 2022 von einer Abschiebung Ende Oktober 2022. Hier wurde eine Mutter mit drei Kindern abgeschoben. Der Vater wurde zurückgelassen, weil er zum Zeitpunkt der Abschiebung nicht da war. „Offensichtlich sind der Landesregierung Abschiebungen wichtiger als der Schutz der betroffenen Familien und Kinder. Ich bin immer wieder schockiert davon, welche menschlichen Tragödien in Kauf genommen werden, um die Abschiebezahlen zu steigern“, kommentiert Anja Bartel vom Flüchtlingsrat (vgl. Familientrennung durch Abschiebung – Flüchtlingsrat Baden-Württemberg (fluechtlingsrat-bw.de))


Auch ich frage mich, wie solche Vorgehensweisen überhaupt möglich sind.


"Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung" Art. 6 (1) Grundgesetz.


Alle Ehen und alle Familien würde man meinen, doch das ist weit gefehlt. Wenn die Familie einer anderen Herkunft ist und abschiebebereit steht, scheinen elementare Rechte für diese innerhalb Deutschlands nicht mehr zu gelten.

Auch das Wohl des Kindes scheint die staatlichen Organe nicht mehr zu interessieren. Hier wurde die Familie getrennt, um eine geplante Abschiebung (staatlicher Akt) nicht platzen zu lassen. In Kauf nehmen die staatlichen Organe eine mögliche Traumatisierung aller Familienmitglieder, vor allem aber einen brutalen Einschnitt in die Entwicklung drei kleiner Kinder.
 
Meine Forderung daher:

Kinder- und Familienrechte sollten unabhängig vom ausländerrechtlichen Status gelten.
Sie sind Menschenrechte.

Sie gelten für ALLE!!!
 
Verwehrt man Menschen diese Rechte, zeigt sich zweierlei:
 

1. Welches Menschenbild im Regierungspräsidium zu herrschen scheint
, wo diese Entscheidung getroffen wurde, die Familie zu trennen. Es zeigt m.E. eine rassistische Doppelmoral, wem wir also Menschenrechte gönnen und wem nicht. Im Grunde wen wir als Mensch wahrnehmen und wen nicht.

Denn warum sonst würde eine sachbearbeitende Person im Regierungspräsidium diesen Kindern ihr Recht auf eine gesunde Entwicklung und das Recht auf beide Eltern entziehen. Wenn Kinder in Deutschland von ihren Eltern getrennt werden, geschieht dies im Sinne des Kindesschutzes (§ 8 SGB VIII: Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung).


Im SGB VIII ist ganz genau vorgeschrieben, wie dies vonstatten gehen soll. Unter anderem muss durch das Jugendamt innerhalb von wenigen Tagen eine Inobhutnahme durch das Familiengericht bestätigt werden. Für Kinder deren Eltern abgeschoben werden, wird kein Gericht und kein Jugendamt involviert.


  • Wer gewährleistet den Schutz dieser Kinder und deren Rechte? Die Polizei? Mit welcher Kompetenz?


Eine Abschiebung ist ein hoch traumatisches Ereignis für die ganze Familie und betroffene Einzelpersonen aber vor allem für Kinder und Jugendliche. In anderen Fällen – wie beispielsweise bei einem schweren Autounfall – werden Therapeut*innen und Seelensorger*innen eingesetzt, um sich u.a. um die evtl. traumatisierten Kinder und Erwachsenen zu kümmern. Warum wird dies nicht bei einer Abschiebung berücksichtigt?


  • Was haben diese Kinder getan, um wie Verbrecher behandelt zu werden? Würde man auch deutsche Kinder so behandeln?


2. Welche Menschen im Regierungspräsidium wichtige Entscheidungen treffen. Es zeigt m.E. die fehlende Sensibilisierung für Lebenslagen, die fehlende Menschlichkeit.


Würden Sie mit Euren eigenen Kindern, Euren Nichten und Neffen, Euren Enkel*innen genauso umgehen?


Staatliche Organe sollten für die Menschen da sein. Unangenehme Entscheidungen können menschlich gestaltet werden und sie müssen den Menschenrechten untergeordnet sein. Sind sie das nicht, steuern wir mit Vollgas auf neue alte Zeiten zu.


Meine Forderung daher:

Insgesamt brauchen wir gesetzgeberisch ein absolutes Abschiebeverbot für Kinder und Jugendliche in Deutschland. Doch bis Berlin auf diese Idee kommt, brauchen wir Menschen in den unteren Behörden, die ihrer Gesetzesinterpretation Menschlichkeit verleihen.


Ich glaube nicht, dass es uns an Einigung fehl, ob Kinderrechte und Menschenrechte unserem behördliches Handeln zugrunde liegen sollen. Vielmehr fehlt es an Verständnis von Rassismus und Diskriminierung, die es möglich machen, den Menschen zu entmenschlichen. Diejenigen, mit denen wir uns nicht identifizieren, nehmen wir als „anders“ wahr, Dann sind viele von uns und viele Entscheidungsträger*innen in Behörden oft bereit dazu, sie nicht vor Unmenschlichkeit zu schützen.


Dies tun wir einerseits als Gesellschaft durch Verdrängung, durch Inaktivität, durch Schweigen und durch Wegschauen & Weghören. (oder Weg-Swipen: Mal im Ernst, wie viele von den Leuten, die auf meinen Artikel geklickt haben, lesen noch bis hier?!)


Und anderseits: wir tun das als Behörden durch unmenschliche und juristisch fragwürdige Entscheidungen, durch diskriminierende Prozesse, durch Machtmissbrauch, durch Ignoranz, durch Überheblichkeit. Behörden sind da, um dem Menschen zu dienen. Allen Menschen!


Und wenn Stimmen laut werden, dass man nur Befehlen und Anweisungen befolgt, dann fragt Euch, ob Ihr die gleiche Entscheidung, den gleichen Vorgang für Eure Familie genauso durchführen würdet. Es wird an der Zeit, die Menschen- und Kinderrechte in Deutschland zu beachten, zu schützen und umzusetzen, bevor man raus geht und die Menschenrechte der restlichen Welt „beibringt“.


Ich rekapituliere gerne meine Forderungen an das Regierungspräsidium:

1.    Kinder- und Familienrechte sollten unabhängig vom ausländerrechtlichen Status gelten!

2.    Insgesamt brauchen wir gesetzgeberisch ein absolutes Abschiebeverbot für Kinder und Jugendliche in Deutschland. Bis dahin brauchen wir Menschen in den unteren Behörden, die ihre Gesetzesinterpretation Menschlichkeit verleihen!

3.    Wir brauchen eine echte Auseinandersetzung von Behörden wie dem RP mit dem Thema Antirassismus und Antidiskriminierung!

4.    Wir brauchen den aktiven Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Traumatisierung und die aktive Beteiligung von Familiengericht und Jugendamt bei dem gewaltsamen Eingriff in das familiäre Leben durch staatliche Behörden.

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